LIEBE SEX UND ILLUSIONEN
Teil 1: LIEBE
LIEBESLEID (idab al-hubb; mihna im Maghreb).
Zur Mythologie der vollkommenen Liebe gehört die Vorstellung, daß Liebesleid nicht nur notwendig ist, sondern unerklärlich und (für andere) unverständlich bleibt. Für die Dichter scheint klar, daß Liebe ohne diesen tiefempfundenen Schmerz, der zu Zuständen dauernder Zerknirschung und tiefer Trübsal führt, eigentlich nicht denkbar ist.
Der große persische Mystiker Farid-addin al-Attar (1119-ca.1220) aus Nishapur schreibt:
»Wenn die Liebe von einem Menschen Besitz ergreift, erhebt sie sein Herz, taucht ihn in Blut, wirft ihn vor dem Vorhang zu Boden und gönnt ihm keinen Augenblick Ruhe; sie tötet ihn und fordert selbst dann noch den Preis seines Blutes.«
Liebe ist ihrer Natur nach Leiden, Schmerz im Wohlbefinden, ein bitterer Stachel im Ozean der Glückseligkeit. Was wäre das für eine Art Liebe, die heiter bliebe, Frieden schenken und kein Erstarren (djumud) der Organe, des Blicks und des Herzens nach sich ziehen würde?
Der wahrhaft Liebende: Sein Weltschmerz nährt sich aus vielen Quellen:
- die Erinnerung an den geliebten Menschen ist schmerzhaft und manchmal mit Tränen und Klagen verbunden;
- schmerzliche Momente werden immer wieder heraufbeschworen;
- der Liebende ruft sich Ort und Bedingungen der Trennung krankhaft ins Gedächtnis;
- er lebt in der blinden Hoffnung, wieder mit dem geliebten Menschen zusammenzukommen, und interpretiert die objektiven Tatsachen, die ihn fernzuhalten scheinen, so positiv wie möglich;
- er klammert sich an jedes Trostzeichen;
- er entschließt sich, geduldig auszuharren, solange es nötig ist;
- er ist unfähig, anderes wahrzunehmen, andere Herzen zu erobern, selbst wenn sich die Gelegenheit dazu bietet;
- es ist unmöglich, diesen Schmerz geheimzuhalten, denn gerade von seiner Enthüllung hängt das Heil des Liebenden ab.
Wenn ein Mensch tiefes Liebesleid empfindet, kann dies die ungewöhnlichsten Verhaltensweisen heraufbeschwören, bis hin zu Anflügen von Wahnsinn oder Selbstmord. Das nennt man dann »vor Liebe krank sein«.
Jeder Autor hat seinen eigenen Stil, doch die Idee von der zeitlosen Liebeskrankheit ist im Bewußtsein jeder Zeit fest verankert.Die Situation kann jedoch auch umschlagen, der Masochismus des Opfers der Rachsucht Platz machen. Der Verlassene wünscht der treulosen Geliebten ebenso großes Leid, als sei die Liebeskrankheit ansteckend oder übertragbar.
Scheich Bel-Abbes (19. Jh.) aus Mascara (Algerien) drückt es mit feurigen Worten aus:
Mach, o mein Gott, daß ich nicht mehr in sie verliebt bin,
Sie jedoch in mich;
Befreie mich und prüfe sie mit Liebesschmerz, o großzügiger Gott.
Diese halsstarrige und grausame Frau, eigensinnig und stolz,
Möge sie mich genauso verfolgen,
Wie ich sie mit meinen Bemühungen verfolgt habe,
Dann werde ich ihre Bitten nicht erhören.
Laß Leidenschaft ihren Geist verwirren,
Und gib ihr ähnliche Prüfungen auf, damit sie bereue
Und lerne, was der Schmerz bedeutet,
Von einen geliebten Wesen getrennt zu sein.
Verbrachte ich nicht schlaflose Nächte wegen ihr?
Ich wünschte, sie möge genausowenig Schlaf finden
Und innerlich verwundet sein
Und keinen Arzt finden.

Zur Mythologie der vollkommenen Liebe gehört die Vorstellung, daß Liebesleid nicht nur notwendig ist, sondern unerklärlich und (für andere) unverständlich bleibt. Für die Dichter scheint klar, daß Liebe ohne diesen tiefempfundenen Schmerz, der zu Zuständen dauernder Zerknirschung und tiefer Trübsal führt, eigentlich nicht denkbar ist.
Der große persische Mystiker Farid-addin al-Attar (1119-ca.1220) aus Nishapur schreibt:
»Wenn die Liebe von einem Menschen Besitz ergreift, erhebt sie sein Herz, taucht ihn in Blut, wirft ihn vor dem Vorhang zu Boden und gönnt ihm keinen Augenblick Ruhe; sie tötet ihn und fordert selbst dann noch den Preis seines Blutes.«
Liebe ist ihrer Natur nach Leiden, Schmerz im Wohlbefinden, ein bitterer Stachel im Ozean der Glückseligkeit. Was wäre das für eine Art Liebe, die heiter bliebe, Frieden schenken und kein Erstarren (djumud) der Organe, des Blicks und des Herzens nach sich ziehen würde?
Der wahrhaft Liebende: Sein Weltschmerz nährt sich aus vielen Quellen:
- die Erinnerung an den geliebten Menschen ist schmerzhaft und manchmal mit Tränen und Klagen verbunden;
- schmerzliche Momente werden immer wieder heraufbeschworen;
- der Liebende ruft sich Ort und Bedingungen der Trennung krankhaft ins Gedächtnis;
- er lebt in der blinden Hoffnung, wieder mit dem geliebten Menschen zusammenzukommen, und interpretiert die objektiven Tatsachen, die ihn fernzuhalten scheinen, so positiv wie möglich;
- er klammert sich an jedes Trostzeichen;
- er entschließt sich, geduldig auszuharren, solange es nötig ist;
- er ist unfähig, anderes wahrzunehmen, andere Herzen zu erobern, selbst wenn sich die Gelegenheit dazu bietet;
- es ist unmöglich, diesen Schmerz geheimzuhalten, denn gerade von seiner Enthüllung hängt das Heil des Liebenden ab.
Wenn ein Mensch tiefes Liebesleid empfindet, kann dies die ungewöhnlichsten Verhaltensweisen heraufbeschwören, bis hin zu Anflügen von Wahnsinn oder Selbstmord. Das nennt man dann »vor Liebe krank sein«.
Jeder Autor hat seinen eigenen Stil, doch die Idee von der zeitlosen Liebeskrankheit ist im Bewußtsein jeder Zeit fest verankert.Die Situation kann jedoch auch umschlagen, der Masochismus des Opfers der Rachsucht Platz machen. Der Verlassene wünscht der treulosen Geliebten ebenso großes Leid, als sei die Liebeskrankheit ansteckend oder übertragbar.
Scheich Bel-Abbes (19. Jh.) aus Mascara (Algerien) drückt es mit feurigen Worten aus:
Mach, o mein Gott, daß ich nicht mehr in sie verliebt bin,
Sie jedoch in mich;
Befreie mich und prüfe sie mit Liebesschmerz, o großzügiger Gott.
Diese halsstarrige und grausame Frau, eigensinnig und stolz,
Möge sie mich genauso verfolgen,
Wie ich sie mit meinen Bemühungen verfolgt habe,
Dann werde ich ihre Bitten nicht erhören.
Laß Leidenschaft ihren Geist verwirren,
Und gib ihr ähnliche Prüfungen auf, damit sie bereue
Und lerne, was der Schmerz bedeutet,
Von einen geliebten Wesen getrennt zu sein.
Verbrachte ich nicht schlaflose Nächte wegen ihr?
Ich wünschte, sie möge genausowenig Schlaf finden
Und innerlich verwundet sein
Und keinen Arzt finden.
lonely rider woman - 11. Mär, 12:32